UNGELIEBT -
TROTZDEM LIEBENDE
Dorinas früheste Kindheit war geprägt von Gewalt, ausgeübt von der Großmutter und der Mutter. Sie wurde von Beginn an abgelehnt, ihre Halbschwester hingegen verehrt. Ein bleibender Gehörschaden war die Folge brutaler Gewaltanwendung. Sie litt ihr ganzes Leben unter ständig wiederkehrenden schweren Ohrenerkrankungen und Kopfschmerzen.
Da der Vater nie ausfindig gemacht wurde, machte sie sich mit 15 Jahren alleine auf den Weg ins Leben. Es gelang ihr, als Haushaltshilfe zu arbeiten und gleichzeitig eine Bürolehre zu absolvieren.
Man würde annehmen, dass diese Frau dem Leben gegenüber hadernd und misstrauisch geblieben ist. Doch weit gefehlt. Sie unterstützte mit ihrem geringen Gehalt gehörgeschädigte Kinder. In ihrer Freizeit bot sie ihre Hilfe kinderreichen Familien an, erzählte selbst erfundene, spannende Geschichten für ihre Schützlinge und setzte ihre handwerklichen Fähigkeiten dafür ein, Kindern bei der Gestaltung von Geschenken behilflich zu sein. Diese Frau hat niemals ein böses Wort über ihre Kindheit verloren, im hohen Alter jedoch wiederholt ihr Bedauern darüber ausgedrückt, dass es ihrer Mutter nicht möglich war, ihre Mutterschaft gelingend zu leben. Als religiöse Frau galt ihre Sorge vielmehr dem Schuldig-geworden-Sein ihrer Mutter und Großmutter, weshalb sie beide bis zu ihrem Tod in ihre Gebete einschloss. Stolz und Dankbarkeit erfüllte sie über ihren Namen. Dorina bedeutet: Geschenk Gottes, und als solches hat sie sich ein Leben lang gefühlt.
Trotz schwieriger schicksalhafter Lebensfragen gelang es dieser Frau durch ihre verzeihende Haltung und Liebe, die Leidkette zu stoppen und ein zufriedenes Leben souverän zu gestalten.
Johanna Schechner, Heidemarie Zürner
